Monzer Darwishs Dokumentarfilm „Syrian Metal Is War“ begleitet syrische Metal-Musiker in ihre Schutzräume im Zentrum des Bürgerkriegs.

Körnige Dunkelheit in einem verwackelten Wohnzimmer. Der Metal-Gitarrist Abdullah Ghosheh übt ohne Verstärker auf seinem Instrument. Erst nach dem dritten Bombeneinschlag blickt er auf, ohne sein Spiel zu unterbrechen. „Hast du dich so sehr daran gewöhnt?“, fragt der Mann hinter der Kamera. Abdullah lacht. Nickt. Schüttelt den Kopf. Spielt weiter.
Der Mann hinter der Handykamera, das ist Monzer Darwish, selbst Gitarrist und aktiv im syrischen Metal-Untergrund. Als im Dezember 2013 ein Großteil seiner Nachbarschaft bei einem Selbstmordattentat zerstört wird, überlebt er nur durch Zufall. Während er zum letzten mal den Schutthaufen betrachtet, der seine Heimat gewesen ist, fasst Monzer einen Entschluss. Er will diesem Bild der Hoffnungslosigkeit Bilder der Szene entgegen setzen, die ihm Kraft gibt, in der er Verbündete und Rückhalt findet. Bis Ende 2014 reist er quer durch Syrien und begleitet Musiker und Aktivisten der unterdrückten Subkultur. Er beobachtet Sniper, die auf Dächern neben Proberäumen postiert sind. Er spricht mit Musikern, die, wegen „Satanismus“ angeklagt, immer wieder im Gefängnis landen. Er begleitet Veranstalter auf der Suche nach geschützten Räumen und Benzin für Generatoren, um im Geheimen Konzerte zu ermöglichen.
Ende 2014 flieht Monzer Darwish gemeinsam mit seiner Frau und einigen Familienangehörigen über die Türkei nach Griechenland. Als er das Gummiboot besteigt, trägt er nichts als seine Kamera bei sich. Fast drei Jahre später hat Monzer nahe Amsterdam Asyl beantragt. Die Crowdfunding-Aktion einer Schweizer Musikerin hat ihm den Zugang zu Hardware und damit endlich das Sortieren und Schneiden der auf Video gebannten Erinnerungen ermöglicht.
„Syrian Metal Is War“ ist nun, mit dringender Bitte um Spende, kostenlos über YouTube streambar und gibt in anderthalb Stunden einen direkten Einblick in den vom Krieg zerrütteten Alltag syrischer Metalheads. Einige von ihnen sind vielleicht nicht mehr am Leben, andere haben wie Monzer das Land verlassen. Er möchte, dass man sich an sie erinnert. Dass Syrien nicht nur als weit entfernten, dem Verfall ausgelieferten Ort wahr genommen wird, seine Bewohner nicht nur als Flüchtlinge. „Syrian Metal Is War“ lenkt den Blick unter die Trümmer, in Proberäume, die ebenso gut eine Garage in einem deutschen Vorstädtchen sein könnten und in denen der Klang elektrischer Gitarren alles andere übertönt.
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