Toundra – III
Eier mit streichzarter Fleischwurst
Dieses Review hätte unter Umständen ziemlich lustig ausfallen können. In etwa so: „Die Musik auf dieser Platte von der ich nicht weiß wie sie heißt ist gut. Der vermutlich zweite Track ist besonders gut, die restlichen aber auch. Wenn mir jemand sagen kann, was ich hier eigentlich höre, wäre ich sehr erfreut. Ich hab nämlich keine Ahnung.“
Das wäre nämlich deshalb so, weil sich auf CD und Platte so gar kein Vermerk findet, um was es sich hier eigentlich handelt. Kein Bandname, kein Albenname, keine Titelliste, keine Liner Notes, nicht mal ein Strichcode oder überhaupt irgendwas. Stattdessen ein hübsches Bildchen – auf der einen Seite der Hülle eine weibliche Person, auf der anderen Seite der Sensemann. Auch auf dem Lable selbst, das da auf dem (in meinem Falle) grüntransparenten Vinyl klebt, lässt sich nicht wirklich erkennen, um was es sich hier handelt. Wenn mir jemand mitteilen könnte, wie man das Buchstabengewirr auf dem Lable sinnergebend lesen kann, wär ich demjenigen sehr verbunden! Immerhin verraten ein kleines A und B, welche Seite der Platte gerade gehört wird.
Zum Glück lag der Platte (nicht der zum Review eingereichten CD) ein halbtransparenter Wachspapierbogen bei, der netterweise alle Informationen über das Album enthielt. Jetzt weiß ich also: Die Scheibe nennt sich, ganz pragmatisch, III und stammt von Toundra.
Viel Getöse also. Oder, positiver ausgedrückt: Viel Mühe und Selbstmystifizierung seitens der Band. Bleibt zu hoffen, dass sich dann auch diese Entschlüsselungsmeisterleistung für den Hörer lohnt.
Stilistisch erinnern die Spanier ein wenig an Long Distance Calling ohne die Voiceovers, wenn auch mit noch einer Spur mehr Eier. Akustische Eier haben die Münsteraner zwar auch genug, aber Toundra legen noch ’ne kleine Scheibe Fleischwurst oben drauf. Und Streicher.
Fleischwurst und Streicher serviert auch schon der erste Track, der – wenn mich nicht alles täuscht und ich vernünftig dechiffriere – auf den Namen Aracaeli hört. Da knüppt genau wie im zweiten Track, Cielo Negro (soviel spanisch kann ich auch, aber steht sogar noch brav in Klammern auf dem Wachspapierinformationszettel dahinter, dass das übersetzt Black Sky heißt) auch kompromisslos die Rhythmusgruppe vor sich hin, dazu gibt’s schöne Melodien und alles zusammen lädt zum Kopfnicken ein.
Eigentlich gibt’s da sonst nicht viel zu sagen, Toundra machen das ganze ohne Ecken und Kanten. Requiem kommt als dritter Track seinem Namen entsprechend leiser und trauriger, wiedermal mit Streichern, um die Ecke, lädt fast schon zum kuscheln bei herbstlichem Kakao ein.
Auf Seite B hat sich’s dann aber auch wieder mit dem Kuscheln, alle drei Tracks machen ordentlich wach. Erneut, nicht viel zu sagen.
Für Freunde guter instrumentaler Musik ist dieses mysteriöse Album mit seinen schwer entlockbaren Infos definitiv eine Empfehlung. Zwar finden sich hier keine Überraschungen oder großartigen Innovationen, aber das muss auch nicht immer sein, erst recht nich wenn alles so schön aus den Boxen tönt wie bei Toundra. Ordentlich Eier, mit gelegentlichen Streichern, finden sich hier allemale. Anspieltipp? Eigentlich alle Songs.
In diesem Sinne: Guten Appetit und frohes Entschlüsseln!
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