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Vinyl Galore & Plattenspieler

Sounds Of New Soma – Beyond The Acid Dream

Insgesamt verschaffen Sounds Of New Soma dem Hörer einen knapp fünfzigminütigen Trip in vier meditativen Phasen, der auch ohne zusätzliche Geisteserweiterung durchaus funktioniert – auch wenn einem ab und zu einer belehrend-selbstbeweihräuchernd-oberlehrerhaft reinredet und einfach ein wenig stört.

Unpopuläre Meinung vorweg: Ich kann mit Drone nix anfangen. Ich versteh den Reiz nicht. Da passiert einfach zu wenig. Vielleicht habe ich bisher aber auch zu wenig guten Drone gehört. Meistens fällt das in die Kategorie „Nettes Intro, aber wann fängt der Song an?“ Psychedelic dagegen kann, je nach dem, ziemlich nice sein. Krautrock ist mir, je nach dem, zu stressig. Also ist eine Band, die Avantgarde Psychedelic Cosmic Kraut Drone macht, zumindest erstmal interessant, besonders wenn sich mit Eroc ein Mitglied der einstigen Krautrockgröße Grobschnitt am Mastering beteiligt hat. Noch dazu, wenn das für diese Platte zum Temporärtrio angewachsene Duo Sounds Of New Soma aus Krefeld kommt – und laut Releasemitteilung genau diese seltsam nach Räucherstäbchen riechende Mischung unter dem Namen Beyond The Acid Dream in die Plattenregale stellt. Und man muss sagen: Diese Mischung ist eigentlich ziemlich cool. Der Psychedelic-Bestandteil der Tagcloud-Genrebezeichnung erklärt sich durch die ausufernden, irgendwie wunderbar für psychaoktive Substanzen geeigneten Songstrukturen, Instrumentalisierung und, ja, tatsächlich, Melodien. Vom Drone und Ambient borgen sich Sounds Of New Soma die Songlänge – und, dass überhaupt nicht viel passiert.

Das, was letztendlich passiert, ist aber durchaus hörbar. Bereits das im ersten Track einsetzende jazzige Saxophon (gespielt von Andreas Lessenich) gibt der bis dahin sanft vor sich hin plätschernden Ambientklangkulisse einen psychedelischen, fast schon bedrohlichen Unterton. Irgendwie driften die Gedanken beim hören zu heißen Wüsten und vertrockneten Feldern ab – oder lassen einen, ganz im Gegenteil, die Anfangssequenz eines in den Bayous Louisianas spielenden Films imaginieren. Kurzgesagt: Atmosphäre bietet Beyond The Acid Dream zur Genüge. Und das war erst der erste Song.

Der zweite Song, mit dem schönen Namen „Im Rausch des Alkaloids“ dagegen belehrt einen mittels eines (meiner Meinung nach nicht ganz glücklich gewählten) Voiceovers über die Wirkung psychoaktiver Substanzen. Nun, deutschsprachige Voiceovers über Meskalin auf einer Psychedelic Krautrock Ambient Drone Avantgarde [und so weiter] Platte sind irgendwie so unerwartet wie Spaceshuttlefunksprüche und Atombombenclips auf einer Post-Rock-Show oder Bier auf einem Metalfestival. Hätte es in der Deutlichkeit und klanglichen Prominenz nicht gebraucht, stört den durchaus schön meditativen Fluss des Songs und wirkt klischeehaft bis prätentiös. Vielleicht entgeht mir da aber auch ein wichtiger Teil des Konzepts. Nach weiteren zehn Minuten ist der Song aber auch vorbei und mit „Traumfänger“ beginnt ein voiceoverfreies drittes Stück, das das schöne Saxophon erstmal gegen eine Gitarre austauscht. Viel gibt’s hier nicht zu sagen, hörbar ist es allemal, wenn auch – wie so oft – ein wenig zu lang für so wenig Entwicklung.

Track 4, „Nektar der Götter“, kommt dann direkt wieder mit Voiceovers daher und bringt auch das Saxophon wieder mit. Trotz des Voiceovers ist das Stück das vielleicht hörenswerteste von Beyond The Acid Dream, vereint es doch klangliche Spannung und Atmosphäre mit dem genau richtigen Maß an Entwicklung und Abwechslung, ohne dabei chaotisch oder hektisch zu werden. Motive wandeln sich, mutieren, lösen sich auf und finden dann zu ihrem Ausgangspunkt zurück, um im Hintergrund zu verschwimmen und neuen klanglichen Inszenierungen Platz zu bieten.

Insgesamt verschaffen Sounds Of New Soma dem Hörer einen knapp fünfzigminütigen Trip in vier meditativen Phasen, der auch ohne zusätzliche Geisteserweiterung durchaus funktioniert – auch wenn einem ab und zu einer belehrend-selbstbeweihräuchernd-oberlehrerhaft reinredet und einfach ein wenig stört. Klanglich spannt sich hier ein Netz zwischen Ambient (eigentlich ein viel schönerer Sammelbegriff, der den in seiner Entwicklungsphase leicht gehemmten Bruder Drone ruhig absorbieren könnte), Jazz und seichten Electronica auf, das losgelöst von allen prätentiösen Konnotationen eine Menge Atmosphäre bietet.



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