Red House Painters – Red House Painters (Rollercoaster) [KLASSIKER-Review]
Was bleibt ist die Musik? Von menschlichen Abgründen und minimalistischen Schlagzeugern.
4AD Records standen in den Achtzigerjahren für eine Vielzahl von Klassikern innerhalb der Post-Punk/New Wave und Etheral-Szene. Dead Can Dance, Cocteau Twins, oder auch die Pixies mauserten sich unter der Obhut der Labelmacher Ivo Watts-Russell und Peter Kent zu sehr erfolgreichen Bands.
Anfang der Neunzigerjahre, die erste große Welle der im Vordergrund stehenden Musikstile ebbte ab und 4AD etablierten eine Niederlassung in Los Angeles.
Eben diese zusätzliche Filiale würde den beiden durch die Verpflichtung von Musiker:innen wie Unrest, Red House Painters oder auch His Name Is Alive großen Erfolg bescheren. Mit einem großen Unterschied: Keine der Bands erinnert auch nur ansatzweise, stilistisch genommen, an den Großteil der Veröffentlichungen des vergangenen Jahrzehnts.
Red House Painters, 1989 in San Francisco gegründet, erschienen mit einer völlig neuen Interpretation von dunkler, melancholischer Musik auf der Bildfläche. Schon ihr erstes Album, Down Colorful Hill, noch einen Tacken düsterer gehalten, wartete mit traurigen, selten optimistischen Geschichten auf und brachte bei nur sechs Stücken es auf über vierzig Minuten Spiellänge.
Der sogenannte selbstbetitelte Nachfolger stellt eine Zusammenfassung der im gleichen Jahr veröffentlichten Bridge und Rollercoaster dar.
Sänger Mark Kozelek, größtenteils verantwortlich für das Songwriting, verfasste ohne die ausgetretenen Pfade der Metapher zu benutzen, Texte die ausschließlich die dunkle und schmutzige Seite der menschlichen Natur beleuchten. Seine sogenannten Protagonisten, Gordon Mack, Phil Mack an den Gitarren zupfen ihrem Sänger enorm filigrane, eher ruhig anmutende Linien auf ihren sechs Saiten. Ebenso wie die Stimme Marks, zeigt sich das Gitarrenspiel von dunklem Folk beeinflusst. Eine oft gespenstisch eingesetzte Stimme erinnert hin und wieder an Tim Buckley, einer der tragischsten Figuren im traditionellen Folk Amerikas. Mit seinem zurückgenommenem Schlagzeugspiel, bietet Anthony Koutsus, ebenso wie Bassist Jerry Vessel, der das Bandgefüge vervollständigt, einen fruchtbaren Nährboden aus dem jederzeit die emotionalen Unsicherheiten und menschliche Verfehlungen sprießen können. Grace Central Park stimmt in dieses Album mit zumindest musikalisch halb optimistischer Stimmlage ein, die die akustische Seite der Band besonders hervorhebt. Eine Ernüchterung in Person des zweiten Songs Down Through, zerstreut danach schon fast alle positiveren Vibes, wobei das Schlagzeug komplett herausnimmt. Gefolgt von Katy Song untermauert Anthony monoton und dezent die sich nun eher zurückhaltenden Kollegen an der Gitarre und gemeinsam die lyrischen Entwürfe ihres Texters. Song Nummer vier, Mistress, kann getrost unter die Kategorie „Sonnigste Komposition des Tonträgers“ fallen und aufgrund seiner Eingängigkeit wartet dieser mit einer guten Portion „Hit-Potenzial“ auf. In Folge der Spielzeit wird das Album sehr folkig, aber Rollercoaster rudert komplett entgegengesetzt, ja fast schon laut werdend mit groovigen Drums enthält dieser ein schönes Lautleisespiel. Eine emotionale Variation findet sich mit einer ergreifenden Piano-Version von Mistress, welche dann die ursprüngliche Atmosphäre in eine andere Richtung drängt.
Regelmäßig erstand ich, wenn sich die Gelegenheit bot, die Music for the 90s-Sampler von Rough Trade Records.
Auf Teil fünf war eben jenes Mistress von den Red House Painters enthalten – aber wenn ich ehrlich bin, war 1993 das ganze „Not my Cup of Tea“. 2005 sah die Welt für mich dann ganz anders aus. Die Band schrieb seit 2001 nach Veröffentlichungen auf Sup Pop Records mittlerweile Geschichte und meine Ohren gewährten mir den Jahre zuvor verwehrten Zugang. Red House Painters öffneten mit ihrer speziellen Art der Musik für Kritiker:innen eine neue Schublade die ab sofort Sad/Slowcore heißen sollte. Neben Bands wie Low, Codeine oder auch den frühen Sophia zählten sie zu den bekanntesten und erfolgreichsten Vertretern im Genre.
Bleibt abschließend noch zu erwähnen, ein wundervolles, düsteres Album mit manchmal kryptischen Texten, welches sich perfekt dazu eignet alleine mit einer Tasse Kaffee an der Ecke auf niemanden zu warten.
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