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Vinyl Galore & Plattenspieler

Mono – For My Parents

Jammern auf hohem Niveau.

Es gibt Bands, die überraschen einen immer wieder. Und es gibt Bands, die machen altbewährtes und vertrautes. Und Mono machen halt eben beides. (Und es gibt Autoren, die in Rezensionen ziemlich dümmliche Klischeesätze benutzen).

Gut jedenfalls, dass Mono definitiv nicht zur dritten Kategorie der Bands gehören, die irgendwas machen und dabei ziemlich scheitern. Denn was Mono mit ‚For My Parents‘ auf unter anderem weißes Vinyl gepresst haben, ist zwar altbewährt, aber auch überraschend und dabei sehr (will sagen: seeeeeeehr) gut. Und episch.

Dabei belassen Mono es gewohnterweise nicht nur bei wundervoll melodischem, symphonischen Post-und-irgendwie-ja-auch-noch-rock, sondern stapeln auf Gitarren, Schlagzeug, Bass und das sonstige Standardinstrumentarium noch (meinem beschränkten Hörverständnis nach zu urteilen) ein komplettes Orchester obendrauf. Das Ergebnis verdient dabei viele Prädikate. Eins davon ist „episch“, andere wohl „großartig“, „umwerfend“, „verdammt episch“ oder „verdammt verdammt episch“. Eigentlich könnte eine Rezension von ‚For My Parents‘ fast ausschließlich aus diesen Worten und Kombinationen aus ihnen bestehen. Großepisch? Epischwerfend? Irgendwie sowas.

Fakt ist: Mono liefern hier ganz großes Kopfkino. Denn was hier so laut wie möglich (denn leiser kann man so eine Platte nicht hören, das wäre Blasphemie) aus den Boxen schallt, mutet zeitweise an wie Filmmusik. Klassische Filmmusik für Filme, die es nicht geben kann, weil jeder Film im Schatten dieser akustischen Perle verblassen müsste.

„Meine Güte!“ denkt man sich da. Also, einerseits bei der Platte, andererseits bei diesen Lobhudeleien, die hier unter dem Namen „Rezension der neuen Mono-LP“ feilgeboten werden. Damit diese Rezension nun nicht vollkommen in Fanboygeschmachte eskaliert, folgen nun ein Paar durchaus berechtigte Kritikpunkte. Im Vergleich zu älteren Stücken von Mono fällt nämlich auf, dass es weitaus weniger laute, dröhnende, apokalyptisch anmutende Soundwände gibt. Das fällt besonders am etwas zurückhaltenden Schlagzeug, aber auch den irgendwie zu sehr in den hohen Lagen klebenden Gitarren auf. Stattdessen gibt’s dann aber eben orchestrale Wucht par exellence. Trotzdem hätte ich persönlich mir diese wuchtigen, atonal-infernalischen Mono-Momente, wie sie zuletzt auf ‚Hymn To The Immortal Wind‘ und vor allem auf ‚Under The Pipal Tree‘ zu finden waren, auch auf ‚For My Parents‘ häufiger gewünscht. Stattdessen scheinen Mono ein wenig dem Explosions In The Sky-Problem anheimgefallen zu sein: Denn genau wie die New Yorker Postrocker auf ihrem letzten Album scheinen die Kollegen aus Tokio Gefallen dran gefunden zu haben, Stücke nach dem Klimax genau dann ausklingen zu lassen, wenn man als geneigter Postrockhörer dieser Couleur das eigentliche Finale erwarten würde. Aber jammern über Mono ist jammern auf extrem hohem Niveau und nicht jeder steht so sehr auf Crescendocore wie der demütige Autor dieser Rezension. Was früher eben in einem klanglichen Inferno endete, ist heute in eine Badewanne voller Schönheit getunkt worden. Und mit ein wenig Käse überbacken – cheesy ist diese Platte nämlich durchaus, aber auf eine sehr, sehr, sehr, sehr, sehr gute Art. Denn Mono müssen scheinbar immer noch ‚ein bisschen mehr‘ haben. Dann ist das mit Abstand kürzeste Stück des Albums eben rund acht Minuten lang. Dann sind sie live eben verdammt laut. Dann schichten sie auf die Schicht Pathos eben noch eine Schicht noch lauteren Pathos. Und am Ende wird das ganze dann nochmal potenziert. Beschwert sich ja hoffentlich auch keiner über ’ne dreifache Extraportion Käse auf einer der besten Pizzen der Welt. Ausser Veganer, Laktose-Intolerante und andere Gruppen. Gut, dass die trotzdem Mono hören können.

Dabei ist das erste Stück ungewohnt schlagzeuglos, aber spätestens nach dem zweiten Stück ist man sich als Hörer sicher, dass die gesamte Band (neben scheinbar einem ganzen Orchester) im Studio anwesend war. Trotz dieser Neuerungen ist auch schon nach den ersten eineinhalb Takten klar, dass man hier ein Album von Mono in der Hand hält. Denn das ist jede Sekunde ersichtlich, trotz überraschend stark in den Vordergrund gerückter orchestraler Elemente klingt alles wie man es gewohnt ist. Und im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die sich mit vermeintlicher Weiterentwicklung überarbeiten und am Ende teils völlig enttäuschen (Hallo Dredg, gibt’s euch noch?), beherrschen Mono diesen Schritt scheinbar vollständig. Wirkliche Ecken und Kanten, an denen man sich stoßen könnte, gibt es nicht. Die, die allzusehr Hymn To The Immortal Wind hinterhertrauern, sollen sich ein Paar Mal hintereinander Stück Nummer zwei, Nostalgia, und Unseen Harbor, Stück Nummer fünf, anhören. Besonders letzteres holt noch einmal richtig aus und kommt als Mono-Stück in Perfektion daher. Alle anderen Hörer sowie Veganer und Laktose-Intolerante dürfen dafür umso freudiger hinhören.

Und zu guter letzt: Dieses Album ist verdammt episch.

Anmerkung: Man stelle sich mich hierbei vor, im Wind oder, wie Mono es auf Konzerten auch gern zu tun scheinen, vor einer Windmaschine stehend, die Worte mit Pathos gegen die Wellen und den Wind anschreiend, zeitgleich mit dem Ausklingen des letzten Stücks, A Quiet Place (Together We Go).

1. Legend (11:51)
2. Nostalgia (12:05)
3. Dream Odyssey (8:03)
4. Unseen Harbor (14:04)
5. A Quiet Place (Together We Go) (9:24)



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