Message to Bears – Folding Leaves
Kam der MESSAGE TO BEARS-Erstling „Departures“ noch fast ohne Gesänge aus, lässt sich ALEXANDER in Tracks wie „Mountains“ und „At a Glance“ vermehrt dazu hinreißen, vollständige Texte zu flüstern. Live eingespielte Stringparts von Laura Ashby (CODES IN THE CLOUDS) schenken den Songs eine zusätzliche organische Note.
„There’s definitely no logic to human behaviour“ wusste schon die einst von Regisseur MICHEL GONDRY (im großartigen Musikvideo zu „Human Behaviour“) ins Innere eines Bären beförderte BJÖRK. Gemäß dieser Einsicht dürfte es nicht sonderlich aus der Ruhe bringen, dass ein Vielseitigkeitsmusiker aus dem Land des urväterlichen Trip Hops und der BANKSY-Streetart zum wiederholten Male musikalische Botschaften an ausgewachsene Bären versendet; diesmal per Luftpost in Gestalt von Origamivögeln.
MESSAGE TO BEARS, das Einmannprojekt des multiinstrumentalistisch versierten JEROME ALEXANDER, klingt dann auch so gar nicht komisch oder wild, sondern schmeichelt, bedächtig und leise, den menschlichen Ohren. Im heimischen Oxforder Recordingstudio daran getüftelt, bezirzt „Folding Leaves“ mit akustisch dominiertem Liedmaterial, das, kombiniert mit Streichern, Synthesizern, Klavier und verträumtem Gesang, die letzten Überbleibsel kleinmütiger Verstimmungen betrübter Tage noch in sich trägt, sie verabschiedet und den Frühling herbeisehnt.
Die mit elektronischem Schnörkelwerk freizügig geschmückten Songs entfalten sich vorsichtig und gemächlich. Angestoßen von einem verspielten Klavier eröffnet „Daylight Goodbye“ sanft und lautmalerisch mit einem hallenden Hauch von „Ooohooh“-Wehmut und „Lalalala“-Tröstlichkeit das Album. Es knistert, säuselt, blättert sich mit Gitarre und Rhythmusinstrumenten weiter auf, zerfällt in weiche Harmonien und wird mit einem Windstoß aus raschelnden Electrosounds weggeweht. Begleitet von lebhaftem Vogelgezwitscher schubsen flüchtig gezupfte Saiten in „Wake up“ einen Falter an, der mithilfe von elegischen Streichern zur vollen Entfaltung gelangt, ein paar zierliche Kreise dreht und sich dann nach und nach federleicht in Luft auflöst – Jeder Song (ent)faltet sich derart im Sinne der vom Künstler selbst bemühten Origami-Analogie.
Kam der MESSAGE TO BEARS-Erstling „Departures“ noch fast ohne Gesänge aus, lässt sich ALEXANDER in Tracks wie „Mountains“ und „At a Glance“ vermehrt dazu hinreißen, vollständige Texte zu flüstern. Live eingespielte Stringparts von Laura Ashby (CODES IN THE CLOUDS) schenken den Songs eine zusätzliche organische Note. Die beabsichtigte Zartheit im Ton versprüht ein angenehm natürliches Flair, das „Folding Leaves“ zum perfekten Soundtrack für‘s Tagträumen macht. Hierzu hat ALEXANDER einen wirklich bemerkenswert offenen, räumlichen und deshalb atmosphärisch-atmenden Sound punktgenau getroffen, der den lieblichen Melodien seiner electro-folkigen Songs geeignete Flächen zum Ausbreiten gewehrt.
„Ach, wie schön!“ könnte man seufzen, tut man auch. Doch die durch und durch schönen Lieder, die sich hier tummeln, sind nicht nur zu schön, um markante Ecken und Kanten zu zeigen und zu süß, um einen fesselnden Tiefgang zu entwickeln (wie man ihn zum Beispiel von Genrenachbarn wie THE ALBUM LEAF kennt). Sie, und das wiegt bei all der Fluffigkeit viel schwerer, kranken zudem leider an lahmender Gleichförmig- und Eintönigkeit. Solche Schwächen im Songwriting sind schade, denn Highlights wie „Everything Was Covered In Snow“ und „Bird‘s Tail“ stechen mit Raffinessen hervor, die man gerne so abwechslungsreich an einigen Stellen mehr gehört hätte. Die Intention, ein gezähmtes, seichtes Ganzes zu schaffen, das sich Schicht um Schicht zögernd aufschält, in fragiler Schönheit erstrahlt und dann wieder sehnsüchtig verpufft, ist mit „Folding Leaves“ in toller Tonkulisse gelungen. Nur ohne merkliche Abstufungen im Pastell wird aus dem schönen Schwan ein farbloser Papierflieger, der sich als leeres Blatt einfach und arglos glattstreichen lässt.
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