Kjartan Sveinsson – Der Klang Der Offenbarung Des Göttlichen
Das Album „Der Klang Der Offenbarung Des Göttlichen“ ist die musikalische Untermalung des gleichnamigen Theaterstücks von Ragnar Kjartansson. Geschrieben wurde diese Musik von niemand anderem als dem Gründungsmitglied von Sigur Rós, Kjartan Sveinsson.
Es gibt immer unterschiedliche Motivationen Musik zu konsumieren. Die Einen benutzen Musik fast ausschließlich, um ihrem Partyleben an Wochenenden den richtigen Soundtrack zu geben, andere wiederum konsumieren nur Mainstream Radio beim Autofahren oder beim Schwingen des Wischmobs im heimischen Wohnzimmer und wieder andere bedienen sich der vielfältigen Genres, fröhnen Ihrer CD/Vinyl-Sammlerleidenschaft oder sind leidenschaftliche Konzertgänger.
Musik gibt es für jede Lebenssituation und jeden Geschmack. Vermutlich hat so ziemlich jeder einen Soundtrack, der als Begleiter durchs Leben perfekt funktioniert. Und das ist auch gut so. Die Klassik Szene hingegen, so ist die landläufige Meinung, besteht aus elitären Mid-fünfzigern, Rotwein schlürfend, mit dicken Autos und noch dickerem Portemonnaie. Menschen, die an Wochenenden gerne die Philharmonie besuchen und sich dort sitzend, den absoluten Klassikgenuss gönnen. Dass das natürlich ein überspitzt dargestelltes Vorurteil ist, dürfte jedem klar sein. Klassik, oder auch Neoclassic oder Contemporary Classic erfreut sich einer neuen, ungeahnten Beliebtheit bei der jüngeren Bevölkerungsschicht. Die Schönheit und Ruhe, die diese Musik auszeichnet, wirkt inzwischen als Lebensentschleuniger. Der Hektik des alltäglichen Daseins entfliehen – das ist moderne Klassik heute.
Das Album „Der Klang Der Offenbarung Des Göttlichen“ ist die musikalische Untermalung des gleichnamigen Theaterstücks von Ragnar Kjartansson. Geschrieben wurde diese Musik von niemand anderem als dem Gründungsmitglied von Sigur Rós, Kjartan Sveinsson. Dieses Meisterwerk, bestehend aus 4 Teilen, ist in seiner mächtigen Schönheit ein unfassbarer Hörgenuss. Gespielt wurde der Soundtrack vom Filmorchester Babelsberg und dem Filmchor Berlin. Das Theaterstück ist laut Volksbühne Berlin ein „überromantisches, theatralisches, dramatisches, minimales, musikalisches Stück“. Diese Begriffe beschreiben auch Kjartan Sveinsson’s Musik in einer perfekten Art und Weise. Dieses Theaterstück kommt nämlich komplett ohne Schauspieler aus und lebt nur von Projektionen und der fantastischen Musik des isländischen Künstlers.
„Teil I“ ist ein ruhiges, nur von Streichern getragenes Stück Musik, welches sich langsam und behäbig über mehrere Minuten steigert. Hier wird durch das recht simple Prinzip der Tonhöhenänderung, bei der die Melodie immer gleich bleibt, eine Wucht erzeugt die ihresgleichen sucht. Man spürt Melancholie, Trauer und etwas Wut. Dieser „Opener“ ist so dermaßen schön, dass mir beim ersten Hörgenuss fast die Tränen kamen.
Das folgende „Teil II“ ist in seiner Traurigkeit und unglaublichen Steigerung in den letzten Minuten des Stückes, zu meinem absoluten „Lieblingssong“ des Jahres 2016 geworden. Ein Chor singt in sakraler Art und Weise in deutscher Sprache zu sanften Streicherklängen. Man kann das wirklich schlecht beschreiben, es erinnert irgendwie an einen Kirchenchor der zuerst sanft, später dann mit wirklich lautem Ausdruck die imaginären Kirchenmauern zum Einsturz bringt. Das Stück versprüht Trauer und Verzweiflung die schwärzer und mächtiger als norwegischer Blackmetal ist. Dieser Song soll bitte auf meiner Beerdigung gespielt werden.
„Teil III“ versprüht irgendwie mehr Zuversicht und wirkt durch seine Streicherarrangements und Chorgesang fast schon fröhlich. Natürlich spielt hier die Melancholie und die Leidenschaft zu trauern auch wieder eine große Rolle, aber dieses Stück sticht etwas heraus. Wie ein Licht am Ende eines Tunnels.
Das abschließende „Teil IV“ bildet mit knapp 12 Minuten Spielzeit den krönenden Abschluss einer sonderbaren Reise voller Melancholie und Trauer. Eine wunderschöne Frauenstimme leitet unter Streicherbegleitung den Abschluss ein. Dieses Intro erinnert fast etwas an Sigur Rós. Wenig später erklingt dann wieder der majestätische Chor und man spürt, dass es dem Ende entgegengeht.
Dieses Kjartan Sveinsson Album ist wie das Leben selbst, voller Emotionen und Ausbrüchen – wie eine Berg- und Talfahrt. Das ist klassische Musik, dargeboten mit Leidenschaft und tiefer Schönheit. Für mich ist „Der Klang Der Offenbarung Des Göttlichen“ eines der beeindruckendsten Alben des abgelaufenen Jahres. Dieses Album strahlt in einem schimmernden Glanz, Anmut und Bombast. Und ich gebe abschließend zu: Wäre da nicht ein Gründungsmitglied von Sigur Rós am Werk, hätte ich vermutlich niemals ein Ohr riskiert. Klassik, dachte ich noch vor ein paar Jahren, ist eine Musik für die ich noch zu jung bin. Wie konnte ich mich nur so irren? Hört Euch bitte in Ruhe dieses Werk komplett an. Wer sich darauf einlässt, wird eine beindruckende Zeit erleben. Versprochen.
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