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Deafheaven – Sunbather

2. Deafheaven - Sunbather

Weltweit heiß ersehnt und mit den teuersten Vorschusslorbeeren gesegnet, zählt Deafheaven’s zweites Studioalbum „Sunbather“ in der internationalen Fachpresse bereits jetzt zu den wichtigsten Alben des Jahres 2013.

Und tatsächlich enttäuscht ihre krude Mischung aus schwarzmetallischer Raserei und atmosphärischer Weite nur hartgesottene Hörer, die sich nach der unbändigen Härte und der Exklusivität ihrer ersten Gehversuche sehnen. Alle anderen bekommen großflächige Soundscapes, bitteres Gekeife und den wohl sonnigsten Black Metal aller Zeiten geboten. Erneut leichtfüßig und noch eine Spur versierter als auf dem Vorgänger „Roads to Judah“ schwelgen Deafheaven in urbaner Schwermut und zelebrieren in einem kaum zu übertreffenden Kontrastreichtum eine introvertierte Gedenkfeier an zerflossene Liebschaften voller jugendlicher Wut, verzweifelter Angst und fragiler Hoffnung. Dieses bittersüße Gemisch garniert ein handwerklich solides Album, das seine Meisterhaftigkeit eher in seiner gefühlten Einzigartigkeit statt in Originalität findet.

Selten dürfte darüberhinaus ein ähnlich kompromisslos hartes und verstörendes Kunstwerk so offen und einladend auf die gewirkt haben, die sich bislang kaum in der Brachialität und Kälte eisiger Gitarren, rasender blastbeats und hyperventilierender Wut heimisch gefühlt haben dürften. Deafheaven laden Genre übergreifend und frech souverän zum Selbstmord unter berstender Sonne und nie mehr dürften mehr Anhänger willenlos in die Lombard Street folgen, denn von „Sunbather“ geht eine kaum greifbare nahezu magische Anziehungskraft aus, die das Quintett aus San Francisco weit über ihre musikalischen Grenzen hinaus bekannt machen wird.

Gleichzeitig und kaum passender in diesem Kontext versprüht das Album in überlangen Kompositionen und repetitiver Monotonie, süßlich poppiger Harmonieführung und seltsam unnahbaren Verschnaufpausen aber auch den Duft der langsam einsetzenden Verwesung. Wenn zum Beispiel die ersten Takte des wunderbar treibenden und fesselnden Titeltracks auf den Hörer niedergehen, spürt man neben all der Überzeugungskraft auch so überdeutlich den Zenit ihrer begrenzten Möglichkeiten, dass man das jähe Ende dieser tollen Band zu erahnen glaubt. Schöner als hier kann es nicht mehr werden, besser kann das Deafheaven Prinzip nicht mehr aufgehen und so kündigt dieser mal herrlich einlullende, mal garstig erbarmungslose Hardcore, warmherzig und schwerelos in klebriger Schönheit getränkt, federleicht und einnehmend bedeutungsschwanger seinen eigenen Tod an. „Sunbather“ klingt dann plötzlich wie der höchste Punkt einer steilen Kurve, wie eines dieser Alben von dem man trotz aller Liebe irgendwann so dermaßen die Nase voll hat, dass man es nur noch auflegt, um einer längst verflossenen Romanze zu gedenken, die ihren Charme nur bewahren konnte, weil man sich nicht mehr wirklich an sie erinnern kann. Irgendwie diffus und irreal aber nicht minder daseinsberechtigt, denn für den Moment betrachtet, ist „Sunbather“ einfach nur das schönste Album des Jahres.



01 Dream house
02 Irresistible
03 Sunbather
04 Please remember
05 Vertigo
06 Windows
07 The pecan tree



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