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AUA – I Don’t Want It Darker

AUA

Mit I Don’t Want It Darker veröffentlichen AUA ein wundervolles Debut. Die Platte erscheint auf Crazysane Records, ein Label das sonst eher für Gitarrenmusik härterer Gangart bekannt ist.

I Don’t Want It Darker von AUA sticht aus dem Katalog deutlich heraus, denn das Album ist eher von LoFi-Elektronik und Krautrock-Motorik geprägt. Es ist das Ergebnis weniger Sessions, in denen die beiden Multi-Instrumentalisten Fabian Bremer und Henrik Eichmann in Abgeschiedenheit experimentiert, arrangiert und aufgenommen haben. Nun präsentieren sie acht in Eigenregie produzierte Titel, die teilweise etwas Song-orientierter sind als die Musik ihrer Post-Rock-Band Radare; in einer etwas anderen Klangästhetik aber weiterhin viel Raum für Experimente und offene Formen lassen.

Da AUA immerhin die Hälfte von Radare darstellt und mit Dominik Fink als „Gastmusiker“ sogar ein drittes Mitglied auf der Platte zu hören ist, stellt sich die Frage, warum I Don’t Want It Darker kein neues Radare-Album wurde. Auch wenn bestimmte Sounds, etwa die bei Radare immer wiederkehrenden und damit charakteristischen Surf-Akkorde der E-Gitarre, auch bei AUA zu hören sind, wirken die Titel auf I Don’t Want It Darker tendenziell kompakter gehalten und gehen mit motorischen, oftmals von Sequencern getriebenen Rhythmen deutlich mehr nach vorne als die entschleunigten und enorm dynamischen Soundscapes von Radare. Außerdem sind auf sieben von acht Titeln Gesang zu hören, was einen großen Unterschied zur rein instrumentalen Musik von Radare ausmacht. Auch der Sound ist weniger organisch gehalten und stattdessen mehr von Synthesizern geprägt. Leicht verstimmt und eiernd erinnern diese an eine Ära, in der Synthesizer noch diese wunderbare prototypische, vom Berechenbaren und Perfekten weit entfernte Ungeschliffenheit hatten. Dieser Sound, der etwa in den Produktionen des New Yorker Space-Rock-Projekts Silver Apples aus den späten 60ern erinnert, war damals der Inbegriff von Zukunftsmusik und klingt heute romantisch verstaubt.

Einen ähnlichen retrofuturistischen Bezug auf diese Ästhetik findet sich etwa bei BEAK> aus Bristol, mit denen der Sound von AUA auch an anderen Stellen verwandt zu sein scheint –  etwa wenn in manchen Momenten die Drums an die charakteristische Handschrift Geoff Barrows erinnern. Oder der oft muffige, stark verhallte und zurückgenommene Gesang, der nach dem sehnsuchtsvollen, sentimentalen Vibe einer imaginierten Leere in Weltraum-Atmosphäre klingt. Verglichen mit BEAK>, die dogmatische Verfechter des Live-Recordings ohne Overdubs sind, ist I Don’t Want It Darker jedoch vielschichtiger als es Live als Duo zu realisieren wäre. Auch harmonisch und allgemein kompositorisch ist die Musik von AUA deutlich komplexer als der Minimalismus von BEAK> und erinnert dabei stellenweise an die andere Band aus Bristol um Geoff Barrow, nämlich Portishead! Bereits der erste Track Friendo weckt bei mir diese Assoziation, startet er doch mit der gleichen ungewöhnlichen, damit etwas mysteriös klingenden Akkordverbindung, mit der auch Portishead ihr Album Third (2008) einleiten. Auch das im selben Song verwendete Theremin lässt an Portishead denken.

I Don’t Want It Darker ist jedoch zu vielseitig, als dass man das Album auf eine Referenz festnageln könnte, und enthält viele Überraschungsmomente, die es zu einem runden Debut machen. Auch die Produktion ist beachtlich: AUA gelingt der Spagat, extrem gut zu klingen, aber nicht auf die keimfrei-sterile und langweilige Art, sondern indem sie den LoFi-Charme ihrer (Retro-)Sounds modern in Szene setzen. Auch die Mischung aus elektronischen und (elektro)akustischen Sounds ist spannend, klingen doch die Synthesizer immer auch ein bisschen organisch, und während die elektronische Taktgebung der Sequencer manchmal fast menschlich wirkt, entpuppt sich demgegenüber das Schlagzeugspiel als die eigentliche motorisch antreibende Kraft.



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