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Vinyl Galore & Plattenspieler

BERICHT: Mineral, 04.02.2015 Köln Gebäude 9

90s Emo-Revivals gibt es gerade wahrlich en masse. Ob neue Platten oder Konzerte in alter Besetzung, irgendwas scheint da wohl einfach wieder exakt den Geist der Zeit zu treffen. Eventuell ergießt sich so mancher Hörer auch schlicht und einfach gerne in nostalgischen Rührseeligkeiten… was auch immer die Ursache sein mag, die Bands wie Braid, Knapsack und co. zur unverhofften Reaktivierung verleitete, die eigentlich interessante Frage lautet natürlich: Ganz ehrlich, lohnt sich das eigentlich alles noch?

Um es kurz zu machen: Im Falle von Mineral ist dies ganz klar mit „Ja!“ zu beantworten.

Manche Bands mögen im Alter ihr Können oder ihren Charme verlieren, mit dem Konzert im Gebäude-9 hat Mineral in Köln spielend leicht das Gegenteil unter Beweis gestellt. „Gloria“ wurde dem Publikum direkt als zweites Lied auf gewohnt pathetische Weise entgegen geschmettert und hat so erstmal alle Zweifel darüber beseitigt, ob die Jungs es immer noch drauf haben. Denn das haben sie. Mineral waren nicht nur musikalisch, sondern auch emotional noch voll bei der Sache. Letzteres ist für betreffendes Genre nicht nur namensgebend, sondern natürlich gewissermaßen überlebenswichtig und deswegen an dieser Stelle gerne noch mal separat betont. Wer spätestens bei „If I Could“ keine Gänsehaut oder feuchte Augen bekam war wahrscheinlich einfach gerade auf dem Klo, der Band ist jedenfalls kein verlorenes Herzblut oder Engagement vorzuwerfen.

Für unter zwanzig Euro gab es eine Setlist, die keine Wünsche offen lies, samt abschließender Zugabe, die mit „Parking Lot“ dann auch die härtesten Herzen erweichte.

Auch Fans der „End Serenading“ LP kamen insbesondere ab Mitte der Show auf ihre Kosten und so wurde eigentlich jedes denkbare Bedürfnis des Publikums befriedigt. Einzig der Wunsch nach „Take the Picture Now“ wurde mit einem gewitzten „No pictures today!“ von Vocalist Chris Simpson gekontert, was jedoch eher für allgemeine Belustigung sorgte.

Was bleibt also noch zu sagen, außer zu urteilen, dass „alt“ nicht gleich „aufgewärmt“ bedeuten muss, sondern auch in heutiger Zeit eine ganz eigene Relevanz und Wirkung besitzen kann.

Der prallgefüllte Zuschauerraum und der rasche Ausverkauf der Karten waren im Vorfeld natürlich ebenfalls nicht vollkommen aussagelos, besonders da in den USA vor einiger Zeit ja beispielsweise schon gespielt wurde und dass es dort nicht minder gut ankam sprach sich offenbar bis nach Deutschland rum. Umso schöner, dass Mineral nun auch hier alle Erwartungen erfüllen konnten und das massive neu- oder wiedergefundene Interesse am Neunziger-Urgestein nicht in herber Enttäuschung endete. All das gibt Hoffnung, dass andere Revivals ähnliche Leistungen erbringen werden, zumindest ein wenig Angst diesbezüglich konnten Mineral gestern Papierflieger-artig davon segeln lassen.

Um jetzt auch noch mal was schlechtes zu sagen: Die Vorband Solemn Sun stieß nicht unbedingt auf ungeteilte positive Resonanz und die Shirts waren vielleicht einen Tick zu teuer. Das konnte man aber angesichts der folgenden Ereignisse getrost verschmerzen.

Urteil: Bright tie, fish fly – Gloria-ös.

from setlist.fm



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