Interview mit Conmoto (ex-Bubonix)
Ihr gebt euch auf eurem aktuellen Longplayer textlich sehr angepisst. Ich zitiere das Musikmagazin VISIONS: „wahrscheinlich weil die Band so böse sein will, im Grunde aber doch vollkommen harmlos ist, macht ja nichts“.
Sarah: Das freut mich sehr, dass du das Zitat genommen hast. Ein bisschen ist es eine „Fuck off“-Platte und es hat sich textlich so ergeben. Die Platte hat aber was optimistisches und auch versöhnliches.
Sarahs Stimme klingt sehr facettenreich. Bei dem Song „Bill the Butcher“ tönt ihre Stimme wie die von der 80er Queen Grace Jones.
Sarah: Das passiert einfach. Wir hören alle sehr unterschiedliche Musik. Jeden Dienstag 19.00 Uhr treffen wir uns im Proberaum und die Musik entsteht vor Ort. Das gibt es nichts geplantes.
Olei: Mich erinnert Sarah auf dem Album an Dalle Brody von………
Sarah: Distillers!!!!
Die Ehefrau von Josh Homme.
Olei: Richtig ohne zu googlen. Wahnsinn!!
Basieren die Texte auf Grund persönlicher Erfahrungen oder doch eher aus dem Überangebot der Medien, die du verarbeitest oder die Band allgemein?
Sarah: Ich habe die Texte geschrieben und die Band muss es verarbeiten. Die Lyriks sind aber alles persönliche Beobachtungen oder was mir selbst passiert ist. Ich habe vieles teilweise während des Studiums geschrieben. Die Wörter wurden aber so gewählt, dass sie gut zur Musik passen und unterstützend wirken, denn die Mucke steht immer im Vordergrund.
Olei: Wir zeigen auf dem Album, dass wir eine tolle Sängerin haben, die sich nicht verstecken muss und die heisst nicht irgendwie …. sondern Sarah de Castro. …aber nochmal zurück zum Zitat aus der Visions Plattenkritik. Was mich dabei ankotzt, ist, dass es in meinen Augen journalistisch schlecht geschrieben ist. Der hat sich nicht richtig damit auseinander gesetzt und das hat mich schon sehr traurig gestimmt. Auf der anderen Seite wird dann diese „The Wave“ aus Amerika als die Revolution des Hardcore angepriesen. Wir sind Kinder der Neunziger! Das gibt mir nichts – da fehlt mir die Emotionalität.
Inwiefern können die eigenen Ideale und Moral der Wirklichkeit standhalten?
Olei: Das geht! Ein banales Beispiel: Wir haben ein T-Shirt – da ist ein 11 Farbendruck drauf, welches im Einkauf sauteuer ist und wir verkaufen es für 10 €. Kompromisse muss man trotzdem immer wieder machen.
Sarah: Das Politische ist aus den Texten gewichen, bleibt aber im Privaten erhalten. Was esse ich? Muss ich Auto fahren? Kleine Dinge, die aber wichtig sind. Vor der eigenen Haustür kehren oder wie gestalte ich mein Leben? Ich gehe nicht auf Demos, gehöre keiner Untergundorganisation an. Als Conmoto gegründet wurde, stand mehr der Spass im Fokus als bei den Bubonix.
Die Frage war auch nicht auf Conmoto bezogen sondern auf euer Privatleben. Die kulturellen und sozialen Arrangements. Das kleine Biotop namens Zuhause und darauf zu achten, was ihr schon erwähnt habt: „was esse ich?“, unterstützt die Volkswirtschaft und keine Handelsketten. Ein kleiner Schritt, aber ein wichtiger für ein nachhaltiges Leben.
Olei: Ja richtig! Politische Attitüde hin oder her, die Musik ist und bleibt das Wichtigste. Wir sind Musiker mit Leib und Seele. Conmoto heisst ja auch „in Bewegung“ und wir haben eben immer Lust einen Abend hier in Solingen, Hamburg oder Karlsruhe zu spielen und mit den Leuten Bewegung zu schaffen. Das ist ja schon fast klassisch wie zum Tanz aufspielen. Teilen und eine gute Zeit haben.
Es ist doch am schönsten mit so wenig wie möglich, das Beste daraus zu machen. D.I.Y.!!! Non Profit! Only Fun! Einige Leute dieser sogenannten „Hardcore-Szene“ haben vergessen wo die Bewegung herkommt und was sie bedeutet. Black Flag, Minor Threat oder Bad Brains sind anscheinend nur noch Namen .
Sarah: Heute ist vieles nur noch Fassade und Style. Kein Inhalt. Selbst ein Converge T-Shirt steht heute für eine Gruppierung. Leider!!!!
Ja das ist Shit und verdient keine Anerkennung. Jetzt aber wieder zum Thema Musik. Nennt mir jeder ein essenzielles Album in eurem Leben und die musikalische Sozialisierung dahinter.
Markus: Ich bin ’72 geboren und 1979 kam das erste Album von Dschingis Khan auf den Markt. Ich war damals 7 Jahre und mein Vater hat mir alle Singles gekauft. Durch diesen galoppierenden Rhythmus bin ich zu Iron Maiden gekommen und schliesslich hörte ich dann 1986 „Master of Puppets“. Ja genau so war es. Dschingis Kahn oder eher gesagt Ralph Siegel ist Schuld das ich so geworden bin. Ja da seit ihr baff!
Manuel: Meine erste Erfahrung habe ich mit Opus gemacht. Damals gab es das Lied „Live is Life“ und auf der Rückseite gab es eine Liveversion wo es voll abgeht. Wie geil ist das denn, wenn alle so mitsingen. Da wollte ich Rockstar werden. Zum Schlagzeug kam ich durch ein Foto auf der Rückseite der „Master of Puppets“ LP. Dort steht Lars Ulrich vor einer unfassbar großen Menge von Menschen mit seinem Mega Drumkit. Da habe ich gedacht das ist mein Job.
Das sind doch mal ehrliche Anekdoten. Ich habe die besten Konzerte in meinem Zimmer mit meinem Freund erlebt. Tennisschläger als Gitarre, Dash-Trommeln und imaginäre Fans. Herrlich wenn ich daran zurückdenke.
Sarah: Bei mir war es Led Zeppelin (1969) mit „Whole lotta Love“ drauf. Meine Eltern haben Led Zeppelin rauf und runter gehört. Led Zeppelin war die Offenbarung. „Whole lotta Love“ in der Liveversion und Jimmy Page mit dieser Doppelgitarre da wusste ich Rock ist das Ding. Später ist „Bleach“ von Nirvana für mich noch wegweisend. Ich fand das total dilettantisch und deswegen so geil.
Olei: „Start Today“ von Gorilla Biscuits. Die haben etwas verändert. Die haben mehr Melodien reingebracht und ein Sänger der auch gesungen hat. In einem Song kam eine Mundharmonika vor, das war der Hammer. Diese Platte muss im Zusammenhang mit dem Thema Hardcore genannt werden.
An welchem Ort der Welt und mit welcher Band würdet ihr gerne spielen? Jeder einzelne von euch.
Olei: Haben wir schon hinter uns.
Sarah: Wir haben mit Spermbirds im So36 in Berlin gespielt – das war das Beste.
Olei: Wir haben mit Smoke Blow in Kiel gespielt, mehr geht nicht.
Markus: Ich würde mir lieber wünschen mich einmal selbst live zu sehen. Aber das ist natürlich unmöglich.
Sarah: OK. Mein Wunsch wäre es mit Queens of the Stone Age plus Dave Grohl an den Drums und Nick Olivieri, gerade aus dem Knast gekommen mitzuspielen. Singen, schreien und Gitarre spielen. Im Sonic Ballroom mit Aftershowparty und meine Mutter soll dabei sein.
Olei: Es gab schon so einen Moment in meinem Leben, da habe ich in Köln in den Neunzigern ein kleines Festival gemacht. Mit Jimmy Eat World und Hot Water Music. Das war das Grösste!!
So und jetzt noch die Reizthemen der Woche. Casper und Lulu, das Projekt von Lou Reed und Metallica.
Sarah: Ein grosser Hype. Das heisst aber nicht, dass es schlecht ist. Casper ist mir aber nicht kantig genug.
Markus: Wer ist Casper???
Sarah: Der hat vorher in einer Hardcore Band gespielt. Die Wortspiele sind sehr gut. Er ist authentisch und die Texte berühren mich.
Manuel: Ich habe sofort reingehört, denn ich bin ein großer Metallica Fan und habe nach 2 Songs ausgemacht und gedacht das ist nicht passiert. Eine Katastrophe!!!
Ich danke euch für das Interview und viel Erfolg in der Zukunft.
Titelbild: Conmoto | (c) Volker Dickerhoff
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