BERICHT: The Notwist | 3.10. 2012 New Fall Festival in der Tonhalle Düsseldorf
The Notwist in der Tonhalle in Düsseldorf zu sehen war ein einzigartiges Erlebnis. Sowohl die Akustik als auch die Lightshow dieser Location waren formidable.
Triple M hat Karten für das New Fall Festival mitsamt Photopass besorgt. Und da ich die Jungs das letzte mal auf der Shrink Tournee gesehen habe, freute ich mich wie ein Schneekönig. Jüngeren Menschen zu erklären, wie wichtig und stilführend The Notwist für Indiekids in den 90ern war und wie viele Schritte diese Band ihren Zeitgenossen voraus waren, würde hier zu weit führen. Aber soviel soll hier gesagt sein: Die haben schon Posthardcore gespielt, da war dein Bruder noch Metaller.
Im Vorprogramm haben Ewert and the Dragons gespielt, eine Indie-Folkband aus Estland, die gefühlt aus einem sympathischen Haufen Sunnyboys vom Musikonservatorium bestand. Die beiden Sänger haben ihre Band weltmännisch auf Deutsch vorgestellt und mit kleinen Ansprachen zwischen den Liedern immer wieder den Kontakt zum Publikum gesucht.
Bei the Notwist war das nicht so, The Notwist sind introvertiert. Ernsthaft.
Das mittlerweile 23 Jahre alte Monstrum The Notwist hat an diesem Abend ein perfektes Konzert gespielt, wobei der festliche Rahmen, den die Tonhalle durch ihre beeindruckende Architektur bietet, definitiv angemessen für eine Band dieses Kalibers ist.
Das musikalische Formwandlerurgetier ist nicht nur eine der innovativsten deutschen Indiebands, sondern auch ein Relikt aus einer Zeit in der Understatement und Unsicherheit noch angesagt waren.
Ich habe selten eine so bescheidene und introvertierte Band wie das The Notwist an diesem Abend gesehen. Es gab selten Liedansagen und überhaupt keine Ansprachen. Das hat der Stimmung natürlich keinen Abbruch getan, im Gegenteil. Das muss so.
Introversion ist hier Programm und es passt alles in einander. Beklemmende Texte, die größtenteils von Einsamkeit und Entfremdung handeln. Ein Stil der genauso wiedererkennbar wie genreverweigernd ist. Und ein Sound in dem sich autistisch verspielte Harmoniepassagen mit musikalischen Gewaltausbrüchen nur so die Klinke in die Hand geben, dass es Kracht.
Wobei man für die alten Fans ganz klar sagen muss: Die Gewalt ist mittlerweile viel reduzierter und Jazz-/Krautrockorientiert als zu früheren Hardcorezeiten. Was für mich einen kleinen Wermutstropfen darstellte, da alle Lieder an diesem Abend aus der Post-Neon Golden Ära waren, d.h. dass nichts vom Self Titled Album, Nook, 12 oder Shrink gespielt wurde.
Vielleicht passte das nicht zur Location, vielleicht wollen die das auch einfach nicht mehr. Ich empfand es aber eher als ermüdend nur „neuere“ Songs zu hören, da ohne das Hardcoregeschrammel der tolle Kontrast zu Achers zerbrechlicher Kinderstimme fehlt und der Gesamtsound mir somit etwas zu weinerlich ist. Jedoch ist das Geschmackssache …
Zusammenfassend war es ein feierlicher Konzertabend mit liebevoll arrangierten Liveversionen, frischen Übergängen und extatischen Improvisationsteilen in einer Location die ihres Gleichen sucht. Vielen Dank an die Leute vom New Fall Festival.
Fotos, Video und Text by Anand Ronghe
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